In meiner Jugend zog ich mit meinen Freunden an Silvester um die Häuser. Wir waren minderjährig, betrunken und brannten – na klar – Feuerwerk ab. Wir fanden das irre witzig, vor allem, wenn man die Raketen direkt aus der Hand starten ließ und andere Passanten angstvoll vor einem zurückwichen. Wir taten dies, weil wir es konnten und es uns damals wie eine gute Idee erschien. Ernsthaft passiert ist auch nie etwas. Zum Glück.
Es hätte nämlich sehr gut etwas passieren können. Ein zu früh gezündeter Böller und ein paar Finger mitsamt der Musiker-Karriere wären passé gewesen. Oder eine Rakete hätte als Querschläger jemanden so verletzen können, dass man Zeit seines Lebens für eine teure medizinische Versorgung zahlt. Oder eine verirrte Himmelslaterne hätte auf dem Dach des Affenhauses landen und selbiges mitsamt seiner Bewohner in Brand stecken können. Tat es aber nicht; und so zogen wir im nächsten Jahr wieder los. So lange, bis letztendlich die Vernunft des fortgeschrittenen Alters einsetzte bzw. die Knallerei irgendwann einfach ihren Reiz verlor. Den letzten Jahreswechsel verbrachte ich übrigens schlafend im Bett.
In Deutschland wird gerne über Verbote und Richtlinien gejammert. Tempolimit? Diesel-Fahrverbote? Rauchverbot? Doch nicht mit uns! Wo bleibt da die Freiheit (bzw. die Wirtschaft)? Dabei gibt es kaum ein Land, in dem das öffentliche Leben so stark reguliert ist, wie bei uns. Doch wenn ein(e) PolitikerIn auf Stimmenfang geht, braucht er oder sie bloß einmal „Bürokratieabbau“ zu rufen, und die Zustimmung ist garantiert. Mal ehrlich: Hat irgendwer einmal mehr Bürokratie gefordert?
Der Klassische-Musik-Betrieb ist da ein schönes Beispiel, wie es auch ohne lästige Bürokratie geht. Da werden Prüfungsordnung an Hochschulen gerne mal als warme Empfehlung interpretiert. Warum sollte der oder die ProfessorIn sich auch daran halten, wenn er oder sie doch sowieso die alleinige Entscheidungsgewalt in der Prüfungskommission hat? Wettbewerbe und Probespiele werden nach vollkommen subjektiven Kriterien entschieden oder auch einfach direkt „unter der Hand“. Ist ja auch viel einfacher, als sich wirklich zu überlegen, wer am geeignetsten für die Stelle ist oder wer den ersten Preis verdient. Und schließlich sind wir ja alle auch nur Menschen. Ist es da nicht absolut nachvollziehbar, wenn der oder die DozentIn nicht alle StudentInnen gleich behandelt, sondern seine oder ihre „Lieblinge“ hat?
In den letzten Jahren durften wir schließlich feststellen, dass diese Form der Kunst-„Freiheit“ auch ihre Schattenseiten hat. Einzelne Personen des Musikbetriebs mit nahezu uneingeschränkter Macht auszustatten und auch keinerlei wirksame Kontrollinstanz einzusetzen führte – Überraschung! – dazu, dass manche dieses System ausnutzten und ihre Macht missbrauchten. Manche nutzten diese Macht, um ihre eigenen SchülerInnen über jedes gesunde Maß hinweg zu protegieren, andere dazu, um unliebsamen KonkurrentInnen zu schaden. Und wiederum andere nutzten diese Macht, um ihre SchülerInnen, StudentInnen, MitarbeiterInnen oder KollegInnen psychisch und körperlich zu misshandeln oder sexuell zu missbrauchen. Sie taten dies, weil sie es konnten und weil es ihnen in dem Moment wie eine gute Idee erschien.
Die Holzheid-Kommission hat nach dem Fall Mauser viele kluge Dinge vorgeschlagen, die an der Musikhochschule München in Zukunft anders laufen sollen. Doch eines haben wir dabei vermisst: Einen Plan, wie das zuverlässig umgesetzt und kontrolliert werden soll. Unserer Meinung nach wird man langfristig nicht um Verbote und Sanktionsmöglichkeiten über die Arbeitsverträge herumkommen. Und dann werden sicherlich all diejenigen DozentInnen aufschreien, die ihre StudentInnen nicht missbrauchen und auch sonst hervorragende pädagogische Arbeit leisten. Wo bleibt da die (künstlerische) Freiheit?
Hierbei auf die Vernunft des oder der Einzelnen zu vertrauen, ist aber genauso naiv, wie zu glauben, die Menschen würden an Silvester von alleine verantwortungsvoll mit Feuerwerk umgehen. Natürlich kann jeder sagen: „Es war ja nicht meine Rakete, die das Affenhaus in Brand gesteckt hat!“ Auf 99 % der Leute trifft das sicherlich zu. Genauso kann man sagen: „Ich habe immer zu Hause unterrichtet und hatte nie Probleme damit!“ Auch ich habe dieses großzügige Angebot meiner Lehrkräfte im Studium angenommen, und es hat tatsächlich immer funktioniert. Heute denke ich dagegen, dass weder ich noch meine Lehrkräfte in der Lage waren, die Problematik der Situation richtig einzuschätzen.
Im Herbst vergangenen Jahres führte ein Meinungsforschungsinstitut eine Umfrage zum Klimapaket der Bundesregierung durch. Laut dieser Umfrage wünschten sich die Deutschen mehr Klimaschutz, konkret fanden aber viele Maßnahmen, die zu Einschränkungen der BürgerInnen führten, keine Mehrheit. Die Frage, ob die Regierung mehr Einschränkungen gesetzlich vorschreiben sollte, wurde dagegen mehrheitlich mit ja beantwortet. Man könnte dies zynisch so interpretieren: Die Regierung soll uns bitte vorschreiben, was wir beim Klimaschutz zu tun haben, weil wir selbst das nicht entscheiden können. Ich kann diese Haltung sehr gut nachvollziehen: Auch ich wünsche mir, dass es schon zu meiner Studienzeit verboten gewesen wäre, zu Hause zu unterrichten, genauso wie in meiner Jugend Feuerwerk abzubrennen. Zu der Zeit war ich nämlich nicht in der Lage, mich dagegen zu entscheiden. Im Rückblick wäre es besser, wenn mir jemand diese Entscheidung abgenommen hätte.
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Zwei kleine Gedichte zum neuen Jahr und zur Musik:
NEUJAHRSWÜNSCHE
Allen ein frohes neues Jahr,
Dass alle Träume Werden wahr;
Mit dem Wunsch für unsere Welt,
Dass sich endlich Frieden einstellt;
Weltweit kein Kind mehr weinen muss,
Mit Flucht und Vertreibung ist Schluss;
Dass man die mahnenden Worte hört,
Und nicht die Umwelt weiter zerstört;
Man nicht zum Tage macht die Nacht,
Wir wollen schau’n die Sternenpracht.
Die Menschen legen ab den Neid,
Die Religionen ihren Streit;✝️☪️✡️
Fromme und Heiden sind vereint,
Uns’re Sonne für alle scheint.🌞☺️
ZAUBER DER MUSIK 🎼🎶🎹🎻
Wir woll’n musizieren und singen,
Uns freuen, wenn Lieder erklingen.
Wir genießen die herrliche Musik,
Sie ebnet uns den Weg ins Glück.
Das Reich der wunderbaren Töne
Eröffnet uns das wirklich Schöne.
Uns begleitet ständig die Tonleiter,
Ob wir nun traurig sind oder heiter.
Wir geh’n zu Opern und Operetten,
Lauschen Kantaten und Motetten.
Wir sitzen brav in Klavierkonzerten,
Ertragen auch Heavy Metal Härten.
In der Kirche erfreut uns Orgelspiel,
Die Tonkunst ist immer feines Ziel.
Die Musik hat uns viel zu geben,
Musik gehört einfach zum Leben.
Rainer Kirmse , Altenburg
Mit freundlichen Grüßen