Wir stecken im Moment tief in unserer Tournee-Vorbereitung, daher haben wir unseren Blog in letzter Zeit etwas vernachlässigt. Wir möchten euch aber dennoch kurz über die aktuellen Entwicklungen zu Siegfried Mauser und über die Vorwürfe gegenüber Daniel Barenboim informieren.
Der Stand der Dinge im Fall Mauser
Im Fall Mauser gibt es wenig Neues: Die Revision zum Urteil wegen sexueller Nötigung zu zwei Jahren und neun Monaten steht nach wie vor aus. Sobald es hier etwas zu berichten gibt, werden wir das selbstverständlich tun.
Dafür war Mauser Beteiligter bei weiteren Prozessen, die allerdings nichts mit den Sexualdelikten zu tun hatten. Es ging um Gehaltszahlungen, bei denen nicht klar war, ob Mauser sie zu Recht erhalten hatte. Das Gericht urteilte in den komplexen Fällen schließlich, dass Mauser zwar Geld zurückzahlen muss, allerdings weniger, als vom Freistaat Bayern gefordert. Nachzulesen ist das ganze in der Süddeutschen Zeitung hier und hier. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Am 25.02.2019 berichtete die Süddeutsche Zeitung, ein „hochrangiger Mitarbeiter“ der Musikhochschule München sei suspendiert worden, weil er die Zahlungen, um die es im oben genannten Verfahren ging, mutmaßlich ohne rechtliche Grundlage tätigte. Ihm droht nun ein Disziplinarverfahren.
Diese neue Wendung könnte auch andere aktuelle und ehemalige Mitarbeiter der Musikhochschule in Bedrängnis bringen, falls sie damals Kenntnis von den Zahlungen hatten. In jedem Fall wirft es ein schlechtes Licht auf die Musikhochschule, da einmal mehr der Eindruck erweckt wird, dass gewisse Personen über Gesetzen und Vorschriften stehen.
Der nächste Skandal: Daniel Barenboim
Am 06.02.2019 berichtete das Magazin VAN über anonyme Vorwürfe gegenüber dem Dirigenten der Berliner Staatsoper Daniel Barenboim. Er soll Musikern gegenüber mehrfach ausfallend geworden sein, was in Beleidigungen und Demütigungen gegipfelt sein soll.
Am 22.02.2019 äußerten sich drei Musiker namentlich bei BR-Klassik. Sie konkretisierten die Vorwürfe und beschrieben unter anderem, dass die Arbeit unter Barenboim teils nur mit Hilfe von Antidepressiva oder Betablockern auszuhalten gewesen sei.
Barenboim wies die Vorwürfe mit altbekannten Argumenten zurück: Dies sei nur Teil einer Kampagne gegen seine Vertragsverlängerung, und warum meldeten sich die Musiker erst jetzt? Er gab zu, manchmal „ungeduldig“ zu werden – sah dies aber lediglich als Mittel, die Musiker zu höheren Leistungen anzuspornen.
Im Zuge der Berichterstattung wurden auch die Strukturen an der Staatsoper und des Berliner Kulturbetriebs beleuchtet. Es wurde kritisiert, dass manche Personen wie hier Barenboim über nahezu unbegrenzte Macht ohne jegliche Kontrollinstanz verfügen. Gerechtfertigt wird und wurde dies mit dem „musikalischen Genie“, von dem die Musiker profitieren könnten.
Daniel Ris von der Initiative art but fair sagte dazu: „ Dieser geniale Künstler, der auch alles darf, weil er ja genial ist. Diese Vorstellung ist überkommen.“ Und Moritz Eggert schrieb im lesenswerten Kommentar „Ich bin ein Genie und ich darf alles“ auf dem Bad Blog of Musick: „ […]
während selbst die genialsten Architekten Kritik einstecken müssen und bildende Künstler selten bedingungslose Kniefälle vor ihrer Arbeit erleben, hat sich allein in der Musik – der für die Laien mysteriösesten und undurchschaubarsten Kunst – der Geniekult des 19. Jahrhunderts perfekt gehalten. Müssten wir uns also jetzt nicht die dringende Frage stellen: Brauchen wir ihn überhaupt noch?“
Dieser Ansicht können wir uns nur anschließen! Denn was oft vergessen wird: Durch das Hofieren der „Spitze“ werden selten die Umstände für alle verbessert, sondern eben nur die der Spitze. Viele Musiker glauben vielleicht, sie müssten sich aus Respekt so verhalten, oder vielleicht auch deshalb, weil sie selbst einmal zur Spitze gehören werden. Das allerdings geht zu Lasten aller anderen. In der klassischen Musik kann man seit vielen Jahren beobachten, wie feste Musikschulstellen flächendeckend in Honorarverträge umgewandelt werden und die Aushilfssätze von Orchestern teils seit Jahrzehnten nicht angepasst wurden. Bei der Bezahlung der Lehrbeauftragten sieht es nicht viel besser aus. Das Mantra „Wer genug übt, wird schon eine gute Stelle bekommen“ wurde auch uns noch vorgebetet. Mit der Realität des Arbeitsmarktes hat das schon lange nichts mehr zu tun, wie beispielsweise der Artikel „Schlechte Noten“ in der ZEIT belegt. Es wird höchste Zeit, diese Strukturen zu ändern!